Man findet sie selten, aber es gibt sie: die ganz besonderen Stempel. Exotische Vertreter ihrer Art, die weit mehr sind, als einfache Funktionsgeräte. Erinnern Sie sich etwa noch an den Kartoffelstempel, damals im Kindergarten? Mit dem Sie Herzen und Sternchen für Mama gestempelt haben? Er war schlicht, aber persönlich und kreativ.
Wir haben uns auf die Suche gemacht nach den faszinierendsten Stempeln der Welt. Ob monumental oder mikroskopisch, ob sensationell oder skurril – über diese Exemplare werden Sie staunen!
Rettenegg hat den größten …
Bild: © http://www.rettenegg.at/
… Stempel der Welt. Mit zwei Metern in der Höhe und einem Meter im Durchmesser hat es das Kunstwerk sogar ins Guiness-Buch der Rekorde geschafft. Es steht im Freien, direkt an der Ortseinfahrt zur österreichischen Gemeinde Rettenegg, und wurde im Jahr 1997 enthüllt. Seither pilgern jährlich zahllose Besucher zu dem Mega-Stempel, um ihn zu bewundern. Er ist das Symbol für die ortsansässige Stempelfabrik und zeigt in seinem überdimensionalen Abdruck das Ortswappen der Gemeinde. Auch wenn er den eigentlichen Zweck seiner Spezies nicht erfüllt – eine echte Attraktion ist der Rekordstempel von Rettenegg allemal!
Klein aber OHO!
Da muss man schon sehr genau hinsehen. Doch tatsächlich, der winzige Gegenstand, den Jagjyoti Shrivastava aus Indien im Jahr 2013 kreiert hat, ist ein waschechter Stempel. Nur drei Millimeter Höhe und knapp zwei Millimeter Durchmesser – damit handelt es sich um den kleinsten Stempel der Welt. So klein, dass er sich sogar auf einem Streichholz balancieren lässt. Das macht ihm so schnell niemand nach! Und drucken kann der Winzling übrigens auch: die Buchstaben „ILL“. Sie stehen für „Indian Labour Law“ – das indische Arbeitsrecht.
Am Anfang war der Bishop
Denn der erfand den weltweit ersten Poststempel. Als Generalpostmeister von England war Henry Bishop von 1660 bis 1663 für die Zustellung der gesamten Post im Königreich zuständig. Um die häufigen Verspätungen bei der Zustellung in den Griff zu bekommen, kam er im Jahr 1661 auf die kluge Idee, die Briefe bei ihrer Aufgabe mit dem jeweiligen Datum zu versehen. So ließen sich die Laufzeiten der Post besser kontrollieren. Dieser erste Stempel – „Bishop Mark“ genannt – war allerdings noch sehr schlicht. Die obere Hälfte des kleinen Kreises, der üblicherweise auf die Rückseite eines Briefs gedruckt wurde, zeigt den Tag, die untere den Monat. Als frühestes gestempeltes Datum gilt der 19. April 1661.
Bild: © Michael Romanov/Bishop2/Creative Commons
Der VIP-Stempel
Wer sein Konterfeit oder seinen Namen auf diesem Stempel sieht, der hat es geschafft. Denn die Deutsche Post bringt zu „allgemein sehr bedeutenden, herausragenden und gewissermaßen ‚einmaligen‘ Themen“ einen sogenannten Besonderen Stempel heraus. Dessen Abdruck kann man sich dann als Erinnerung an das Ereignis sichern. So gab es „Besondere Stempel“ etwa zum Ende der Amtszeit des deutschstämmigen Papstes Benedikt XVI., zum 60-jährigen Jubiläum des Grundgesetzes, zur Wahl des jeweiligen Bundespräsidenten –
Bild: © Philatelie Deutsche Post AG
und zum Gewinn der Weltmeisterschaft 2014 durch die deutsche Fußballnationalmannschaft (daran erinnert man sich natürlich besonders gerne). Seinen Ursprung hat dieser außergewöhnliche Stempel in Großbritannien, wo der erste bekannte Sonderstempel anlässlich der International Exhibition 1862 herausgegeben wurde; für die Kölner Ausstellung von 1875 gab es dann den ersten „Besonderen Stempel“ in Deutschland.
Die Länge macht’s
Bild: © Volkmar Werdermann/Handstempel
Nein, das ist keine Waren-Kennzeichnung. Kein Computer-Passwort und auch keine Seriennummer. Der ellenlange Buchstabensalat auf diesem Stempel ist tatsächlich der Name eines Dorfes. Es liegt auf der Insel Anglesey im Nordwesten von Wales und trägt den längsten Ortsnamen in Europa. Und der kuriose Stempel, der seit 1973 allerdings nur zweimal zu besonderen Anlässen verwendet wurde, hält sogar einen Weltrekord: für den Stempel mit dem längsten Ortsnamen. Kaum zu glauben! Üblicherweise haben die Bewohner des Dorfes allerdings ein Einsehen und kürzen ihre Heimat mit „Llan-fairpwll“ oder „Lianfair P.G.“ ab – auch auf ihren Stempeln. Übrigens war es ein Schuhmacher, der sich im 19. Jahrhundert den Namen ausgedacht hat, um die Eisenbahngesellschaft dazu zu bringen, einen örtlichen Bahnhof zu errichten und somit den Handel anzukurbeln.
Brot und Stempel
In manchen Regionen Europas ist er noch heute in Gebrauch: der Brotstempel. Dabei reicht seine Tradition weit in die Geschichte zurück. Von vielen historischen Brotkulturen ist bekannt, dass sie den Brotteig vor dem Backen mit dem Abdruck eines Stempels versahen – schon Plutarch, ein griechischer Schriftsteller der Antike, erwähnt ein solches Verfahren in seinen Aufzeichnungen. Die Gründe für die Markierung des Brotes sind genauso verschieden wie Form und Material der Stempel. Bisweilen diente die Kennzeichnung einem spirituellen Zweck, etwa, wenn christliche Symbole das Backwerk zum Eucharistiebrot weihten oder wenn Tierdarstellungen den kultischen Glauben im alten Ägypten zum Ausdruck brachten. Die Verwendung von Brotstempeln konnte aber auch ganz pragmatischer Natur sein, zum Beispiel zur Besitz- und Gewichtskennzeichnung. Kurioser Beleg: Bei Ausgrabungen im verschütteten Pompeji fand man Brote, die den Firmenstempel einer städtischen Bäckerei trugen.
Bild: © ANKAWÜ/Brotstempel 0940/Creative Commons
Wer sich’s leisten kann
Auf Werkzeugen und auf Uhren, vor allem aber auf Gold- oder Silberschmuck finden sich solche Stempelabdrücke. Man nennt sie Punze. Gestempelt werden sie vom – für den Laien – exotischen Feingehaltsstempel. Wie der Name schon sagt, gibt dieser den Feingehalt, also den Anteil des Edelmetalls im Werkstoff an. Gerechnet wird dabei in „Tausendteilen“, also mit dem Feingehalt gemessen an einem Ultimo von 1000.
Bild: © Mario Sarto Masa/Silberpunzierung/Creative Commons
Ein goldener Ring mit einem Feingehalt von 999 Tausendteilen (24 Karat) bestünde dementsprechend aus purem Gold. Darüber hinaus darf bei goldenem und silbernem Gerät das Firmenzeichen aufgestempelt werden. Außerdem die Reichskrone sowie ein Halbmond bei Silber und eine Sonne bei Gold. Diese Symbole gehen noch auf das „Gesetz über den Feingehalt der Gold und Silberwaren“ von 1884 zurück, zu dessen Einhaltung sich der Schmied damit bekennt.
Der ganz persönliche Stempel
Bild: © iStock/MAEK123
Zum Schluss ein sehr besonderes Exemplar. Auch er ist als eine Art Stempel zu betrachten, und da weltweit keine zwei Menschen bekannt sind, die denselben besitzen, ist davon auszugehen, dass jeder seinen ganz eigenen hat: den Fingerabdruck. Es handelt sich dabei genauer gesagt um den Abdruck der sogenannten Papillarleisten. Immer, wenn wir etwas berühren, stempeln wir unser individuelles Muster. Und weil es so individuell ist, haben wir es stets dann mit dem Thema Fingerabdruck zu tun, wenn es darum geht, einen Menschen zweifelsfrei zu identifizieren: in der Kriminalistik ebenso wie bei biometrischen Erkennungssystemen. Nur in ganz seltenen Fällen gelingt das nicht – aufgrund eines Gen-Defekts können die Papillarleisten fehlen, und die Finger hinterlassen somit keinen Abdruck. Aber in der Regel haben wir alle unseren ganz persönlichen, biologischen Stempel. Und ist das nicht der Faszinierendste von allen?
Titelbild: © iStock/dibbler2